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Saisonales Stimmungstief

Depressionen trotz Sommer, Sonne und Bikini


Dass trübes Winterwetter depressive Stimmung auslösen kann, ist bekannt. Doch manchen 

Menschen geht es ausgerechnet schlecht, wenn die Sonne lacht: Was sich hinter einer Sommerdepression verbirgt.

"Wer kennt das auch? Strahlende Tage mit blauem Himmel - und statt Freude darüber empfinde ich Unruhe, eine unbestimmte Sehnsucht und das Gefühl, nicht dazuzugehören", schreibt eine Frau, die sich "Anke" nennt, im Internetforum "Wer-weiss-was".


Ansonsten neige sie überhaupt nicht zu Trübsinnigkeit, schreibt sie. "Nur mit dem Sommer habe ich ein Problem. Wenn das Barometer fällt, lebe ich auf."


"Anke" ist mit diesen Gefühlen nicht alleine: "Sommerdepressionen treten oft bei Menschen auf, die einsam sind und das schöne Wetter nicht mit einem Partner oder der Familie genießen können, und die Schwimmbäder nicht nutzen wollen, weil sie sich oft zu Unrecht nicht attraktiv, zu dick oder zu alt fühlen", sagt Helmut Albrecht, Chefarzt der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie im Helios Klinikum Emil von Behring in Berlin: "Sie spüren, dass sie dem Klima der Lebensfreude nicht entsprechen können."


Im Jahr 1984 entdeckte Norman Rosenthal, ein Psychiatrieprofessor aus Washington zusammen mit einem Kollegen, dass manche Menschen nur im Winter an Depressionen, an sogenannten saisonal affektiven Störungen leiden.


Vor allem junge Frauen sind betroffen


Zwei Jahre später erkannte der Wissenschaftler, dass es auch das Gegenstück zur Winterdepression gibt, die Sommerdepression, von der jedoch wesentlich weniger Menschen betroffen sind.


Während Menschen, die unter Winterdepressionen leiden, extrem müde sind und Heißhungerattacken haben, erlebten Sommerdepressive oft das Gegenteil, so Rosenthal: Sie sind unruhig, schlafen sehr wenig und haben kaum Hunger. Die meisten Betroffenen sind weiblich und zwischen 20 bis 40 Jahren alt.

Laut Michael Grözinger von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Aachen gibt es spezielle Kriterien, wann eine Sommerdepression vorliegt: Beispielsweise müssen über zwei Jahre hinweg im Sommer Depressionen aufgetreten sein, in den anderen Jahreszeiten hingegen darf es keine Depression gegeben haben.

Von wegen eitel Sonnenschein: Für manche Menschen ist der Sommer eine schwere Zeit, weil der Anspruch, dass es uns gut geht, größer ist als in anderen Jahreszeiten, sagt Grözinger. "Wenn wir dann das Gefühl haben, die Möglichkeiten nicht zu nutzen, kann uns das bedrückt machen."


Der Zwang glücklich zu ein


Durch die leichtere Kleidung fallen die eigenen Problemzonen und die nicht vorhandene Bikinifigur mehr auf: Und wer sich ohnehin schon schlecht fühlt, wird in diesem Gefühl noch mehr bestärkt, wenn es den Menschen im Umfeld augenscheinlich wesentlich besser geht.


Deshalb rät Christine Rummel-Kluge, Geschäftsführerin der Stiftung Deutsche Depressionshilfe, Menschen, die im Sommer unter Depressionen leiden, nicht in den Urlaub zu gehen, weil sie davon nicht profitieren können. Eine andere Umgebung hebe nicht die Stimmung, weil die Depression mitreist.


Im Gegenteil: "Am Urlaubsort verstärken sich die Schuldgefühle, weil man erwartet, dass die erholsame Zeit gut tun sollte, sich aber kein Urlaubsgefühl einstellt," sagt die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie.

Wer seit mindestens zwei Wochen unter gedrückter Stimmung, Interessensverlust oder Antriebslosigkeit leidet, sollte zum Arzt gehen, und sich auf eine Depression hin untersuchen lassen. Besonders auffälliges Zeichen für eine Depression ist, wenn Hobbies und andere Dinge, die früher Spaß gemacht haben und Kraft gaben, plötzlich keine Freude mehr machen, so Rummel-Kluge.


Sport und Freunde können helfen


Doch nicht jeder, dem es vorübergehend nicht gut geht, leidet unter einer schweren Depression. Oft helfen einfache Mittel gegen den "Sommerblues": Der Mediziner Helmut Albrecht rät allen, die unter dem Sommer leiden, sich Kontakte zu organisieren, gemeinsam Sport zu treiben und mit Bekannten Sommerkleidung zu kaufen. Außerdem helfe es, mit dem schönen Wetter zu leben und sich bewusst in eine schöne Umgebung zu setzen oder gutes Essen genießen.


Dies hat auch "Judy" erlebt, die im Internetforum schreibt: "Ich selber habe für mich die warme Jahreszeit genießen gelernt, indem ich erstmal von den Erwartungen, ich müsse jetzt zur 'feiernden Meute' dazugehören, losgelassen habe, dann von der Erwartung, ich dürfe im Sommer keine Melancholie-Schübe haben."


Schließlich habe sie sich darauf beschränkt, einfach die Temperaturen und die Sonneneinstrahlung zu genießen, bekennt "Judy". Manchmal passiere so viel "von allein, wenn man sich den Druck nimmt und sich so akzeptiert, wie man ist".


Mehr Informationen zum Thema:

Internet: www.deutsche-depressionshilfe.de

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